Ein Kind in den Bauch fragen

Ich stolperte die Tage über die Fotos des Paares, das aufgrund der ständigen Fragerei, wann sie sich denn endlich vermehren wollen, ein Babyshooting ohne Baby – dafür mit Hund – veranstalteten.

Die einen fanden es lustig, die anderen fingen einen Shitstorm an, dass ein Hund ja kein Kind sei und man Tiere nicht vermenschlichen soll und mimimimi…

Ich fand es in erster Linie lustig und eine großartige Reaktion auf diese ewigen Fragereien, die sich (erfahrungsgemäß in erster Linie) Frauen gefallen lassen müssen, wenn sie in einer festen Beziehung sind. Spätestens ab 30 geht es ja los, dieses Gestichel:

„Naaaaaaaa? Und wie sieht es so bei dir aus mit Kindern?“

Oder auch gerne:

„Wie alt bist Du jetzt? Oh…so langsam solltest du dich aber beeilen, sonst ist der Zug abgefahren…“

Meist sind es ja Frauen, selbst Mütter, die einen nach der Gebärquote bemessen. Trifft man bspw. Klassenkameradinnen, die man seit 20 Jahren nicht gesehen hat, kann man als Frau eigentlich erzählen, was man möchte, was man so gemacht hat seither. Unter Männern scheint dieses „Mein Haus, mein Boot, mein Auto“ zu funktionieren. Aber egal, was man solchen Fragenden erzählt und wie erfolgreich man ist, kommt als Rückfrage so:

„Und? Verheiratet? Kinder?“

Verneint man diese Frage, kommt diese Kopf-Schräghaltung mit bemitleidenden Blick. Weil ohne einen Ring am Finger und ohne ein paar Kinder aus der Vagina gepresst zu haben, hat man ja scheinbar nix erreicht. Und wenn es ganz dicke kommt, folgt die Bonusfrage:

„Wollt ihr nicht, oder klappt es nicht…?“

Mal eine Frage an diese Fragenden:

WAS STIMMT MIT EUCH NICHT?

Warum glaubt ihr, dass es bemitleidenswert oder unnormal ist, ein Leben ohne Kinder zu führen? Und vor allem: Warum glaubt ihr, dass ihr in irgendeiner Weise berechtigt seid, andere Menschen über ihren Fortpflanzungswunsch auszufragen? Was erwartet ihr da eigentlich für eine Antwort? Gibt es darauf eigentlich eine gute Antwort? Sehen wir uns mal ein paar mögliche Antworten an:

„Jaaaa, natürlich wollen wir. Wir vögeln schon 3 x täglich!“
(Kann man machen, verwirrt die Fragenden zumindest.)

„Ja, wir arbeiten dran, aber sag meinem Mann nix davon, der weiß davon noch gar nichts.“
(Sollte man eigentlich mal probieren – auf die Reaktion wäre ich zumindest gespannt.)

„Wir möchten schon, ich hatte aber schon 2 Fehlgeburten.“
(Wird für den Fragenden sicher richtig unangenehm. Auf diese Diskussion hatte er sicher gar keinen Bock.)

„Ich kann keine Kinder bekommen, weil ich unfruchtbar bin / mein Mann unfruchtbar ist.“
(Sofortige Expertendiskussion, ob man es schon über Adoption / Leihmutter / Samenspende / medizinische Wunderbehandlung versucht hat)

„Ich möchte eigentlich keine Kinder.“
(Wenn man richtig Bock hat, eine sinnlose Endlosdiskussion zu führen. Am besten in großer Runde. Es wird wie ein Shitstorm – nur im Real Life.)

storks-525113_640Ich habe einen Haufen Kinderlose in meinem Bekanntenkreis und niemand, aber auch wirklich niemand, hat Bock über das Thema zu diskutieren. Egal aus welchem Grund man keine Kinder hat. Da kann man mit der besten Freundin drüber reden. Oder mit der engen Familie. Aber niemals nicht mit Arbeitskollegen, Bekannten oder als DAS Gesprächsthema auf Familienfeiern in großer Runde.

Man kann ja als Frau in gebärfreudigem Alter nicht mal grundlos Alkohol ablehnen, mit dem Rauchen aufhören oder sagen, dass einem schlecht ist, ohne sofort in Verdacht zu geraten.

Ich kenne auch einige Paare, die sich Kinder wünschen, es aber nicht klappt. Die viel Geld, Gesundheit und Nerven in diese Investition „Kind“ reinstecken. Die in diesen Kinderwunsch-Zentren ein und aus gehen, eine Enttäuschung nach der anderen erleben und im schlimmsten Fall schon einige Fehlgeburten hinter sich hatten. Ich kann nur erahnen, wie schmerzhaft und belastend diese Situation ist. Und da kommen diese Baby-Frager und stecken ihre dreckigen, fremden Finger in diese klaffende Wunde.

Familienplanung ist Privatsache. Und ob man will oder nicht will oder ob man es versucht oder eben nicht oder wenn doch, warum es nicht klappt, geht Euch wirklich einen Scheiß an.

Und eine Schlussfrage an die Kinderlosen: Wie reagiert ihr auf die Baby-Frager? Gibt es eine höfliche und/oder ehrliche Variante?

5 Kommentare

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5 Antworten zu “Ein Kind in den Bauch fragen

  1. Also ich bin was das angeht ja eher auf der Gleichberechtigungsschiene, also progressiv.

    In unserem Grundgesetz steht:
    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
    Art 12a
    (1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.

    Warum nicht also einen Artikel 12b einführen?
    Gebärpflicht
    (1) Frauen können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in Befruchtungs- und Gebärstationen verpflichtet werden.

    😛

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    • Disclaimer: dieser Kommentar war übrigens nicht als Witz gemeint.

      Viele meiner Freunde mussten mit 19 zur Bundeswehr, niemand hat sie je gefragt ob sie das wollen. Als sie danach wiederkamen waren sie völlig verändert. Sie waren gebrochen worden, ihr Körper und ihr Geist wurde missbraucht.
      Im Zeitalter der Gleichberechtigung sollte Zwangsgebärdienst gebärfähiger Frauen kein Problem sein. Wer unfruchtbar ist kann ja zwangsweise zur Bundeswehr gehen.
      Das wäre die pragmatischste Lösung.

      [rot13]
      Vpu yvror qbpu nyyr… nyyr Senhra… an vpu yvror qbpu… vpu frgmr zvpu qbpu qnsüe rva…!

      uggcf://jjj.lbhghor.pbz/jngpu?i=z157i_A9_uD
      [/rot13]

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  2. Ich fand meine Nachbarin ganz toll, ihre Tochter ist zwei Jahre jünger wie ich und hatte das zweite Kind bekommen. Da fährt die stolze Oma an uns vorbei und sagt, so macht man das. Wir waren so perplex, dass eine erwachsene Frau so was macht und haben gar nichts darauf gesagt. Weil sie weiß ja nicht, warum wir eben zu dem Zeitpunkt noch kein Kind auf die Welt gesetzt haben. Manche Menschen sind einfach komisch und mischen sich einfach gerne ein.

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  3. UK

    Ich (*1973) hätte mich nie als Vater gesehen, und dann kam 2012 Felix und 2014 Ina.

    Und es macht mich so glücklich und dankbar, dass es mir fast das Hirn rausbläst.

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